lichtenfels - sagen und geschichten


Die Lichtenfelser Tümpelschöpfer

Einst verbreitete sich in Lichtenfels das Gerücht, daß in einem Tümpel am Main ein großer Schatz verborgen sei. Gar eifrig berieten da die Bürger und Ratsherren des Städtchens, wie dieser zu bergen sei. Von allen Seiten wurden Vorschläge eingebracht. Doch die meisten wurden verworfen, denn man war einhellig der Meinung, daß solche Reichtümer weder von einem Taucher noch mit F lößerhaken zutage gebracht werden könnten. So entschied man sich, das Wasser einfach ganz auszuschöpfen.

Mit allen möglichen Gefäßen rückten nun die Lichtenfelser aus, um den Tümpel zu leeren. Nach stundenlanger Arbeit zeigte sich aber, daß sich der Wasserspiegel um keinen Fingerbreit gesenkt hatte. Da erkannte man endlich, daß das Unterfangen vergeblich war, denn der vermeintliche Tümpel war ein Altwasser des Mains und
vom Fluß her drang ständig Wasser nach, mehr als die eifrigen Arbeiter herausbrachten.

Die Lichtenfelser gaben das Schöpfen auf. Die mühevolle, ergebnislose Arbeit hat ihnen nichts eingebracht, nur den Spitznamen »Tümpelschöpfer«

und dieser ist ihnen bis auf den heutigen Tag geblieben.

(Quelle: K. Kugler/Chr. Eschbach, Unser Oberfranken, Lichtenfels, 1953)


Fräulein Podica

Wo heute das Bergschloß steht, war früher eine stattliche Burg. In dieser lebte das edle Fräulein Podica, verlobt mit Kunemund, einem stolzen Junker. Er war ihr in Liebe zugetan. Doch noch ehe er seine Braut zum Traualtar führen konnte, mußte er in eine Fehde ziehen. Podica war besorgt um das Leben ihres Geliebten und gab ihm einen Handschuh als Unterpfand ihrer Treue mit. Kunemund, gerührt von dieser Geste, schwur, diesen Handschuh unter allen Umständen Wieder zurück zu Podica zu bringen. Allein der Jüngling fiel um Kampf.

Als Podica die Trauerbotschaft erhielt, war sie so betrübt, daß sie vor Gram und Kummer starb.

Ihr Geist aber konnte keine Ruhe finden. Er geht des Nachts durch die Gemäuer der Burg und fragt mit seufzender, leiser Stimme: »Kommt denn nicht mein Kunemund?«

Das Fräulein Podica könnte erlöst werden, wenn nur jemand antworten würde: »Längst starb dein Kunemund bei Scheßlitz«. Doch bislang ist niemandem dieser Satz eingefallen und niemand konnte Podica erlösen. So wandelt der ruhelose Geist des Edelfräuleins noch immer auf dem Burgberg, obwohl die Mauern der Burg längst verfallen sind.

(Quelle: L. Bechstein‚ Deutsches Sagenbuch, Leipzig, 1853)


Der Teufel und die Drillinge

An einem Erker des Lichtenfelser Stadtschlosses, auch Kastenboden genannt, sieht man über dem Fenster drei Kindergestalten in Stein gehauen.

Davon berichtet die Sage, daß es Drillinge waren, die nach langen Ehejahren einem Grafenehepaar geschenkt worden waren.

Es waren gesunde, muntere Buben, die gerne spielten und herumtollten.

Im Schloßhof stand ein alter Holunderbusch. Um diesen tanzten sie oft und sangen dabei das nun überall bekannte Kinderlied:

Ringel, Ringcl, Reihe,
sind der Kinder dreie,
sitzen unterm Hollerbusch,

machen alle husch, husch, husch.

Einmal, als die Kinder wieder im Spiel vertieft waren und dabei die Zeit vergaßen, überhörten sie sogar die Stimme ihrer Mutter.

Die Gräfin hatte schon ein paarmal zum Essen gerufen, doch die Buben gaben keine Antwort.

Da war die Schloßherrin zornig über solchen Ungehorsam und vergaß sich. Sie fluchte: »Ach, wenn sie nur der Teufel hole«.

Nach diesem Fluch trat eine Totenstille im Schloß und im Schloßhof ein und man sah die Knaben nicht mehr.

Alle Bewohner suchten die Kinder, doch vergeblich. Sie waren und blieben verschwunden.

Wenn man den rechteckigen Erker des Kastenbodens genau betrachtet, so erkennt man unterhalb der Pyramidenkonsole eine Maske und an der Seite des Fensters die Gestalt eines Junkers.

 

Der Junker, so meint man, sei nichts anderes als der verkleidete Teufel und die Maske das Abbild des Leibhaftigen selbst.

(Quelle: Volksmund)


Der Schatz im Barnickelsgarten

In der Nähe des Bergschlosses zu Lichtenfels sollen früher zwei steinreiche Fräulein gewohnt haben.

Aus Angst, daß man ihnen ihr Geld und Gut abnehmen könnte, haben die beiden ihren Schatz in eine Kiste gepackt und haben diese

im Barnickelsgarten zwischen einem Nußbaum und einem Apfelbaum vergraben.

 

Sie schachteten ein tiefes Loch aus und packten um die Kiste mit ihren Schätzen Granitsteine.

Das Loch wurde wieder sorgfältig zugeschüttet.

 

Nachdem die beiden Edeldamen gestorben waren, wurde schon oft nach dem Schatz gegraben, bisher hat ihn aber noch niemand gefunden.

(Quelle: H. Diroll, Manuskript Stadtarchiv Lichtenfels)


Wie in Lichtenfels das Lagerbier erfunden worden ist

Im Dreißigjährigen Krieg hatte sich in Lichtenfels diese Geschichte begeben:

Ein Schuhmachermeister beauftragte seinen Lehrling, eine Flasche »Bamberger Bier« zu holen. Der einfältige Junge machte sich sofort auf den Weg nach Bamberg, denn er wußte nicht, daß dieses Bier auch in Lichtenfels verkauft wurde.

Als er am Abend todmüde nach Hause kam, wurde er von seinen Kameraden verlacht und der Meister drohte mit einer harten Strafe.

Voller Angst beschloß der Junge, nicht mehr in die Werkstatt des Meisters, sondern auf Wanderschaft zu gehen.

Die Bierflasche aber vergrub er unter einem Baum, denn man sollte ihn nicht für einen Dieb halten.

Auf der Landstraße wurde er von Reitern angesprochen und als Troßbub geworben.

Das Kriegshandwerk gefiel dem Schusterjungen und er blieb bei dem Heere Wallensteins.

Nach fünf Jahren kam er als stolzer Offizier wieder nach Lichtenfels.

Er besuchte seinen erstaunten Meister und verriet ihm die Stelle, wo er das »Bamberger Bier« eingegraben hatte.

Der Schuh macher wollte sehen, ob ihn sein ehemaliger Lehrling nicht belogen hatte und grub an dem angegebenen Ort, fand die Flasche und kostete den Inhalt.

 

Das Bier erwies sich als guter Tropfen und von der Zeit an beschlossen die Brauer, ihr Bier in Kellern zu lagern; ehe sie es ausschenken.

(Quelle: Lichtenfelser Heimatblätter, 18, 1929)


Eine Spukgeschichte aus Lichtenfels

In einem Brief an das Domkapitel Bamberg berichtete der Pfarrverweser Peter Dürich von einer Geistererscheinung in einem Lichtenfelser Bürgerhaus:

»Ihrer Magnifizenz, meinem hochgebietendem Herren soll ich nicht vorenthalten, was sich jüngstens in Lichtenfels Denkwürdiges zugetragen hat, bei einer Dienstmagd bei Christof Wagner, Bürger und Metzger dahier.

Diese Dienstmagd, namens Ursula Schlotten, sonstens eines guten Rufes, ist bei erwähntem Christof Wagner schon ein Jahr in Diensten, zu welcher bei nächtlichen Zeiten sehr oft, sonderlich an Mittwochen und Samstagen ein Geist, ganz kläglich vor ihrer Bettstatt seufzend, sich aber niemals sehen lasse, erscheine.

 

In der Nacht zum 25. März ist der Geist mit einem angezündeten, schwefelfarben brennenden Licht wiedergekommen,

hat geseufzt und der Magd gesagt: ‚Mein, hilf mir doch.’

Die Magd war in solchem Maße erschrocken, wußte nichts anders zu sagen als: ‚Alle guten Geister loben den Herren!’

Darauf habe der Geist geantwortet: ‚Ich auch! Ich bin eine Tochter des Hauses, schon vor dreißig Jahren gestorben,

werde aber noch aufbehalten in peinlichem Feuer, weil ich in meinen Lebzeiten versprochen,

bei den Patres Karmelitern in Bamberg eine Meß für alle verstorbenen christgläubigen Seelen lesen zu lassen,

meinem Versprechen aber nicht nachgekommen bin.

 

Du kannst mir helfen, diese Messe lesen zu lassen.’ Mit diesen Worten ist der Geist verschwunden. Einige Zeit hat die Magd dieses Erlebnis verschwiegen.

Am Kunigundentag aber ist sie nach Bamberg gegangen und hat die Messe lesen lassen.

 

In derselben Nacht ist der Geist wiedergekommen mit den Worten: ‚Sieh, nun bin ich erlöst.’

Als er ihr aber die Hand zum Danke reichen wollte, nahm die Magd sie nicht. Der Geist versprach ihr darauf, er wolle ihr ein Zeichen geben,

wie groß die Peinen im Fegefeuer sind.

 

Er erfaßte ihr Tüchlein und es wurden drei Löcher hineingebrannt von den Fingermalen. Seither ist in Christof Wagners Behausung alles ruhig geblieben.

Zur Probe und Befestigung sei noch hinzugefügt, daß vor dreißig Jahren eine Tochter ledigen Standes im Hause des Christof Wagner verschieden ist.«

Mit diesen Sätzen endet der Brief, der aus dem 17. Jahrhundert stammt und in den Pfarrakten aufbewahrt ist.

(Quelle: J. Faas, Lichtenfelser Heimatblätter, 20, 1930)